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Interview
US-Strafzölle und die Folgen:Beißt sich Trump an China die Zähne aus?
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Donald Trump erhöht die Strafzölle gegen China auf über 100 Prozent. Was für Folgen hat das für beide Nationen? Peking, so Experte Zenglein, ist auf jeden Fall vorbereitet.
Die neuerliche Erhöhung der US-Strafzölle gegen China von 104 Prozent auf 125 Prozent würde den Preis chinesischer Produkte in den USA verdoppeln. Trotzdem reagiert Peking selbstbewusst auf die Drohung der Trump-Regierung, sagt Max J. Zenglein, Chefökonom beim Mercator-Institut für China-Studien - und erklärt, wie es zwischen Peking und Washington weitergehen könnte.
ZDFheute: Welche Folgen sind durch die Zollerhöhungen der USA in China zu erwarten?
Max J. Zenglein: Wenn das alles tatsächlich so kommt, ist in den kommenden Wochen mit massiven Disruptionen zu rechnen.
In China wird es vor allem die exportierenden Firmen treffen; vor allem die, die mit kleinen Margen operieren, und da vor allem den Mittelstand, und weniger die großen, strategisch relevanten Unternehmen.
China wird in diesem Bereich den Druck spüren und versuchen, den aufzufangen. Aber die Auswirkungen werden in jedem Fall auch in China deutlich zu spüren sein.
ZDFheute: Um die eigene Wirtschaft zu retten, muss China andere Absatzländer finden. Könnte die EU jetzt mit chinesischen Produkten überschwemmt werden?
Quelle: MERICS (Mercator Institute für China Studies)
... ist Chefökonom am Mercator Institute for China Studies (Merics). Er verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung im Bereich chinabezogener Wirtschaftsfragen, auch durch seine Arbeit als Wirtschaftsanalyst in Shenzhen und in Peking.
Seine Forschungsschwerpunkte sind Chinas makroökonomische Wirtschaftsentwicklung, seine Handelsbeziehungen und Industriepolitik.
Quelle: MERICS
Seine Forschungsschwerpunkte sind Chinas makroökonomische Wirtschaftsentwicklung, seine Handelsbeziehungen und Industriepolitik.
Quelle: MERICS
Zenglein: Im Moment exportiert China noch 15 Prozent seiner Waren direkt in die USA - die müssen dann irgendwo anders hin.
Aber nicht jedes Produkt, das China für den amerikanischen Markt produziert, lässt sich in Vietnam verkaufen, geschweige denn in Europa.
ZDFheute: China hat neben hohen Strafzöllen auf US-Produkte auch Exportkontrollen angekündet. Heißt das für die US-Wirtschaft, dass essentielle Güter wie Seltene Erden knapp werden könnten?
Zenglein: Wir sehen, dass China im Zuge dieser Eskalationsphase ganz anders reagiert als noch zur Strafzollpolitik der ersten Trump-Regierung.
Man reagiert nicht nur mit Zöllen, sondern hat auch Schwachstellen in den globalen Lieferketten, auch in den High-Tech-Industrien, identifiziert und versucht, diese nun zu nutzen.
Insbesondere in den letzten fünf Jahren hat China seinen Instrumentenkasten da sehr stark ausgebaut. Also: nichts davon ist wirklich überraschend.
ZDFheute: Könnten durch den Handelsstreit der Staaten mit China neue Allianzen entstehen, auch zum Nachteil der USA?
Zenglein: Das ist nicht auszuschließen.
China wird versuchen, die Situation zum eigenen Vorteil zu nutzen. Wir sehen schon, dass die Fühler Richtung EU ausgestreckt werden.
Aber Peking ist auch auf Südkorea und Japan zugegangen. Man versucht dadurch, mögliche Disruptionen zu minimieren - eine gute Gelegenheit für China also, seine wirtschaftlichen Beziehungen weiter auszubauen. Aber auch darauf werden die USA reagieren.
ZDFheute: Inwieweit werden die horrenden US-Strafzölle für die chinesichen Endverbraucher spürbar werden?
Zenglein: Es wird in China keine Inflation ausgelöst werden, wie es jetzt schon in den USA der Fall ist.
Der Großteil der Güter, die die chinesischen Konsumenten verbrauchen, wird in China selbst hergestellt.
In China werden eher die indirekten Auswirkungen der Zölle spürbar sein: Das Wirtschaftswachstum könnte noch mehr ins Straucheln geraten, Unternehmen könnten die finanziellen Mittel ausgehen und Firmen könnten schließen müssen.
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ZDFheute: China erscheint derzeit relativ gelassen in Anbetracht der neuerlichen Zollandrohungen der USA?
Zenglein: Wir sind gerade erst in der ersten Phase dieser Eskalationsspirale. Auf diese Eskalation hat China seine Industrie- und Wirtschaftspolitik vorbereitet und dahingehend angepasst. Das heißt nicht, dass China sich das herbeiwünscht. Aber es ist vorbereitet.
Das unterstreicht die momentane, relativ selbstbewusste Haltung Pekings gegenüber Trump. Es hat zum Beispiel im letzten Jahr kaum etwas gegen die inländische Konsumflaute unternommen. Das war in diesem Jahr schon anders: Mit direkten Impulsen versuchte Peking, Vertrauen zu schaffen, damit die Wirtschaft die möglichen negativen Folgen auffangen kann.
Das ist eine ganz andere Gemengelage als in den USA oder auch in Europa; hier sind wir jetzt alle geschockt über das, was kommt.
ZDFheute: Wie wird China auf die erneute Erhöhung der US-Strafzölle reagieren?
Zenglein: Um Stärke zu zeigen, wird China zu Gegenschlägen ausholen, aber nicht von sich aus eskalieren. Sondern es wird abwarten, inwieweit die USA sich mit ihrer Politik gerade selbst ins Abseits katapultieren. Auch wenn China weiß, dass die Zölle für es schmerzhaft sein werden, kalkuliert es dann doch. Denn Peking sieht sich gut vorbereitet, dass der wirtschaftliche und auch der diplomatische Schaden, den sich die USA gegebenenfalls gerade zufügen, stärker sein wird als für China.
ZDFheute: Wenn die derzeitige Zollspirale erst der Anfang ist, womit müssen wir noch rechnen?
Zenglein: Die Globalisierung, wie wir sie bisher kannten, wird schon seit Jahren hinterfragt. Und jetzt sehen wir, dass es fast schon zu gewaltsamen Veränderungen kommt. Trotzdem darf man jetzt nicht in komplette Panik verfallen.
In dieser aktuellen Politisierung des globalen Handels gibt es durchaus noch eine andere Interessenslage der Unternehmen und Märkte. Ihnen wurde jetzt klar gemacht, ok, wir müssen uns umstellen.
Aber es nützt keinem, wenn die Weltwirtschaft gegen die Wand fährt, egal ob das USA oder China oder ein anderes Land ist.
So werden die Unternehmen hoffentlich mit Bedacht auf die Politik einwirken. Das ist so mein Hoffnungsschimmer.
Das Interview führte ZDFheute-Redakteurin Christiana Ennemoser.
Quelle: ZDF, cen
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